23.04.2024
Darlegungslast und Beweislast zum Anspruch auf Ersatz von Inkassokosten
Die Rechtsfigur der Darlegungslast regelt die Frage, welche Partei im Zivilprozess die Tatsachen vortragen muss.
Hieran knüpft sich die weitere Frage an, wer vorgetragene Tatsachen beweisen muss, wenn sie nicht schon zur
Überzeugung des Gerichts feststehen, was die Frage nach der Beweislast wäre. Ergänzt werden beide Fragen durch das
Problem der Substantiierung, die Teil der Darlegungslast ist.
Tatsachen können nur berücksichtigt werden, wenn sie ausreichend substantiiert sind, wenn sie also den Sachverhalt
so genau vortragen, dass ihn das Gericht versteht, und dass hierzu Beweis erhoben werden kann. Die Widerspruchsfrist
ist von besonderer Bedeutung im Fall des Versäumnisurteils gegen eine Partei. Denn hier ist nur
anhand des Vortrags der beklagten Partei zu entscheiden. Hat sie nicht alles vorgetragen, was zu einer ihr
günstigen Entscheidung des Gerichts erforderlich ist, so kann kein Versäumnisurteil zu ihren Gunsten ergehen.
Von Bedeutung ist die Frage auch bei Erlass eines streitigen Urteils nach Widerspruch gegen den Mahnbescheid oder
Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid. Hier trägt diejenige Partei den Nachteil ungenügenden Vortrags, welche
diesbezüglich die Darlegungslast hat. Die
Beweislast im Zivilprozess
ergänzt dies im streitigen Verfahren: Sind
zwar die Tatsachen hinreichend vorgetragen - gleichgültig ob vom Kläger oder vom Beklagten - ist aber das Gericht
nicht davon überzeugt, dass sie entsprechend der Behauptung auch wirklich vorliegen, so trägt den Nachteil hiervon
diejenige Partei, welche hierfür die Beweislast trägt.
Rechte des Gläubigers
Darlegungslast und Beweislast liegen in Inkassofällen stets beim Gläubiger. Mit der Frage nach dem Verzugsschaden
und dem Anspruch auf Ersatz von Zinsen und Inkassokosten wird immer auch die Frage der Beweislast gestellt und
beantwortet. Im Prozess gegen den Schuldner in Deutschland liegt die Darlegungslast und damit auch die Beweislast
insoweit beim Kläger als es um die Voraussetzungen des Anspruchs geht. Dies ist regelmäßig der Anspruch aus
Verzug. Anspruchsgrundlage ist § 286 Abs. 1 BGB. Gleiches gilt für die Höhe der Forderung insoweit, als es um die
Höhe des dem Gläubiger entstanden Verzugsschadens
geht. Dieser bemisst sich danach, was der Gläubiger dem Rechtsanwalt im Innenverhältnis schuldet.
Die Darlegungslast liegt beim Schuldner, soweit es um den Einwand des nicht erfüllten Vertrages geht. Dieser
beruht auf § 254 Abs. 2 BGB, also einer Einwendung im Prozess. Es liegt am Schuldner, vorzutragen, dass seine
Zahlung die üblichen Kosten überschritten hat, und weiter vorzutragen, welche vergleichbaren, fiktiven Kosten eines
deutschen Anwalts
entstanden wären, wenn der Anspruch auf Erstattung von Verzugszinsen und Vertragskosten auf die vergleichbaren
Mahnkosten beschränkt gewesen wäre.
Pflichten des Schuldners
Es liegt auch am Schuldner in Deutschland, vorzutragen, dass der Auftrag an den Lieferanten in Österreich zwecklos
gewesen sei, weil sich voraussehen habe lassen, dass später die Einschaltung eines Rechtsanwalts und des Gerichts
erforderlich werden würde. Hierzu kann der Vertragspartner vortragen, weil er es ist, der durch sein Verhalten dem
Gläubiger die konkreten Anhaltspunkte vermittelt, anhand derer dieser die Entscheidung zur Prognose des künftigen
Verhaltens des Schuldners nach Auftrag an den Verkäufer treffen kann.
Das Problem stellt sich nicht im Bereich der Kausalität oder der
Rechtswidrigkeit,
sondern es geht vielmehr um die
Konkretisierung des § 254 Abs. 2 BGB, die durch schriftliche Festlegung verschiedener Varianten in einem Vertrag
erfolgt. Der Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten scheidet aus, wenn der Gläubiger anhand konkreter Anhaltspunkte
vernünftigerweise nur zum Ergebnis kommen konnte, dass der Schuldner ohne Prozess nicht bezahlt. Dem Gläubiger
steht hier ein Wertungsspielraum zu; die Grundsätze der §§ 315, 319 BGB zur Frage des billigen Ermessens können
herangezogen werden. Das Risiko eines Forderungsausfalls liegt beim Schuldner, weil es sich um eine Einwendung
handelt, und der Schuldner eine unstreitig bestehende Verbindlichkeit nicht erfüllt, er also zahlungsunwillig
ist und zusätzlich dem Gläubiger seine Lage nicht oder nicht verständlich dargelegt hat.
Dieses Verhalten hat Konsequenzen im Fall der Säumnis des ausländischen Schuldners.
Reicht der Vortrag des Klägers aus zur Ausfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 286 Abs. 1 BGB, dann deckt sein
Vortrag die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes.